Thénardier:
Herr, was nun, solch ein Schreck
Nehmt Ihr uns unser Goldkindchen weg?
Unser Glück, unser Schatz
Keiner liebt so wie wir diesen Spatz
Liebe war's, nicht nur Pflicht
Klein-Cosettchen verschachert man nicht
Ach, Fantine, kannst nicht sehn
Deinem Kind ist nur Gutes geschehn
Es vertraut uns ja blind so als wär's unser eigenes Kind
Unser Kind, Monsieur
Valjean:
Das alles spricht für Euch, mein Herr
Damit die Trennung leichter fällt
Sprechen wir nicht von Handel und Geld und Gier
Ich hoffe doch, Euch reicht das hier?
Madame Thénardier:
Wir wär'n quitt, Euch sei Dank
Aber leider, sie war so oft krank
Das schluckt mehr als man denkt
Medizin wird weiß Gott nicht verschenkt
Doch daran sparten wir nicht
Das versteht sich, das ist Christenpflicht
Die Thénardiers:
Eines noch, nehmt's nicht krumm
Hier schleicht mancher Halunke herum
Ihr seid sehr drauf erpicht
Eure Absichten kennen wir nicht
Valjean:
Schweigt jetzt still, ich bezahl
Fünfzehnhundert für all Eure Qual
Komm, Cosette, Abschiedszeit
Wir woll'n fort von hier, schleunigst und weit
Für Cosette vielen Dank
Euer Schmerz dauert sicher nicht lang
Schaut her
Die Bettler:
Schaut her und seht die Lumpen und das Leid
Schaut her und habt Erbarmen, wenn ihr könnt
Schaut her und seht den Abschaum uns'rer Zeit
Schaut her, schaut her, bevor ihr weiterrennt
Gavroche:
Wer seid denn ihr? Gavroche bin ich
Dies ist mein Volk und mein Revier
Gibt euch der Anblick einen Stich?
Dann seid so gut und zahlt dafür
Dies sind die Unteren Zehntausend
Von Saint Denis bis Saint Michel
Ihr amüsiert euch bratenschmausend
Wir schlagen uns ums Rattenfell
Bist du arm, bist du Tier
Kommt mit mir, kommt mit mir
Die Bettler:
Schaut her und habt Erbarmen, wenn ihr könnt
Schaut her, schaut her, bevor ihr weiterrennt
Bettlerin:
Halt' ich es dann aus? Zeit, daß du erkennst
Weg von meinem Pflasterstein, du muß viel lernen hier
Junge Prostituierte:
Alte Fledermaus, blödes Nachtgespenst
Ich zumindest geb' den Herr'n ein bißchen Spaß dafür
Bettlerin:
Jeder hat vor dir Schmerzen, wenn er pißt
Jeder, der dich anfaßt, liegt am Ende in der Kist'
Zuhälter:
Laß die alte Kuh, such dir'n andern Strich
Früher war sie Nutte, heute ist sie nicht ganz dicht
Die Bettler:
Endet das denn nie? Soll das weitergeh'n?
Etwas muß passieren, Leute, etwas muß gescheh'n
Aber schnell, aber schnell...
Enjolras:
Wo sind die hocherlauchten Herr'n
Die unser Land zum Abgrund führ'n?
Marius:
Ein Mann allein und zwar Lamarque
Spricht aus, was alle Menschen spür'n
Die Bettler:
Kinder brauchen Brot, Schuhe an den Zeh'n
Herrgott, hilf uns aus der Not, dein Wille soll gescheh'n
Er soll endlich gescheh'n, soll gescheh'n...
Marius:
Lamarque ist krank, erschöpft und blass
Hat keine Chance mehr, wird gesagt
Enjolras:
Wann explodiert das Pulverfaß?
Wie lange noch bis zum Großen Schlag?
Bis alle Feisten ihren Schöpfer seh'n?
Bis uns're Barrikaden steh'n?
Die Bettler:
Schaut her und habt Erbarmen, wenn ihr könnt
Schaut her, schaut her, bevor ihr weiterrennt